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Interview mit Dietmar "Didi" Schacht

"Ich gehörte meistens Privatleuten..."

Didi Schacht war überall Publikumsliebling, weil er für seine Clubs stets alles gegeben hat. Für den MSV Duisburg und Schalke 04 lief Schacht in der Bundesliga auf. Aufgrund einer schweren Verletzung musste er frühzeitig seine Karriere beenden.

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von Mario Gailing


Didi Schacht, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen, was du im Anschluss an deine Karriere gemacht hast und heute machst?

Nachdem ich meine Karriere verletzungsbedingt beenden musste, habe ich an der Sporthochschule in Köln meinen Fußballlehrer gemacht und danach in der ersten und zweiten Liga, bzw. im Amateurbereich und auch im Jugendbereich gearbeitet. Vor zweieinhalb Jahren habe ich mir dann noch einen Imbisswagen zugelegt, mit dem ich original Berliner Currywurst verkaufe. In diesem Wagen stehe ich auch selber drin, weil die Leute mich sehen wollen und mit mir reden wollen, über Schalke, über Duisburg und über eigentlich alles rund um den Fußball. Als Trainer bin ich auch noch in der Oberliga tätig.


Kommen wir zu deiner Spielerkarriere. Mit 18 Jahren hast du dein erstes Bundesligaspiel für den MSV Duisburg gegen den BVB gemacht. Kannst du dich an deine Gedanken erinnern, als du eingewechselt wurdest?

Damals wurde ich in der Halbzeit eingewechselt. Wir lagen 0:2 zurück. Ich spielte gegen Bernd Klotz gespielt. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Klotz. Wir haben uns ein erbittertes Duell geliefert. Die zweite Halbzeit gewannen wir zwar mit 1:0, aber das Spiel ging natürlich verloren. Es war aber ein tolles Erlebnis, das ich nie vergessen werde.


Hattest du damals auch einen Plan B in Form einer Ausbildung, falls es mit der Karriere nicht geklappt hätte?

Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich Fußballprofi werde und es auch bleibe. Das habe ich geschafft und dementsprechend hatte ich keinen Plan B in der Tasche.


In Duisburg warst du Mannschaftskamerad der MSV-Legende Bernard Dietz. Wie haben dich die alten Hasen, insbesondere Dietz, als Jungspund aufgenommen?

Bernard Dietz war natürlich unser Aushängeschild, die Legende schlechthin beim MSV Duisburg. Er war hervorragend für uns jungen Spieler. Oft bin ich noch mit ihm 15 Minuten länger auf dem Trainingsplatz geblieben und habe mich in dieser Zeit auch immer weiter verbessert, um am Ende der Spieler werden zu können, der ich war.


Du warst schnell Stammspieler, aber der MSV Duisburg stieg am Ende der Saison 1981/82 als Gründungsmitglied aus der Bundesliga ab. Welche Erinnerungen hast du an deine erste Profisaison?

Das stimmt, ich war sehr schnell Stammspieler. Es war aber auch damals mein Glück, was für Peter Fenten großes Pech war. Er hat sich schwerst verletzt und so packte ich die Chance beim Schopf und habe mich nicht mehr verdrängen lassen. Es war eine tolle Zeit und ich war unglaublich stolz, dass ich mein Ziel, welches ich mir als 8-Jähriger schon gesetzt hatte, so schnell erreichen konnte.


Du hast auch in der zweiten Liga weiterhin für Duisburg gespielt. Nach einer verpassten Aufstiegsrelegation gegen Eintracht Frankfurt und nachdem es stetig bergab ging, bist du 1985 in Südkorea gelandet. Wie kam dieser untypische Wechsel

zustande?

Wir spielten damals in der 2. Bundesliga und sind als Dritter in die Relegation gekommen. Im zweiten Relegationsspiel war ich gesperrt, was die Frankfurter sehr gefreut hat und wir verloren mit 0:5. Ich hatte schon einen Vertrag bei Hessen Kassel unterschrieben, die aber am letzten Spieltag noch von einem Aufstiegsplatz rutschten. Da ich nur für die erste Bundesliga unterschrieben habe, stand ich ohne Verein da. Da kam dieses Angebot aus Südkorea. Ich habe auch erst geschmunzelt. Im Endeffekt war es aber eine tolle Erfahrung und eine sehr schöne Zeit. Ich wurde sogar koreanischer Vizemeister und mir wurde ein 5-Jahresvertrag angeboten. Da ich aber erst 22 Jahre alt gewesen bin, hatte ich Heimweh und wollte wieder zurück, um in Deutschland Fußball zu spielen.


Nach dem kurzen Intermezzo in Asien, bist du nach kurzen Aufenthalten bei TeBe Berlin, Arminia Bielefeld und Alemannia Aachen 1989 beim FC Schalke gelandet. Würdest du dich als Wandervogel bezeichnen oder wo lagen die Gründe deiner häufigen Wechsel in dieser Phase?

Sicherlich habe ich einige Vereine erlebt, bin aber kein Wandervogel in dem Sinne. Ich gehörte meistens Privatleuten oder war ausgeliehen. Damals wurden keine großen Ablösen gezahlt. Aachen hat mich beispielsweise von einem Privatmann für die lächerliche Summe von 50.000 DM gekauft. Als mich Schalke dann gekauft hat, habe ich Alemannia Aachen die satte Summe von einer Million DM eingebracht, damals im Paket mit Peter Sendscheidt.


Peter Neururer war dein Trainer in Aachen und hat dich mit auf Schalke genommen, wo er Trainer wurde. Wie hast du Neururer als Trainer und Mensch erlebt?

Peter ist als Mensch und als Trainer top. Als Trainer ist er ein absoluter Motivator und kennt jeden Spieler ganz genau. Man kann viel mit ihm lachen und ist ein absoluter Freund, mit dem man durch dick und dünn gehen kann.


Auf Schalke warst du schnell Publikumsliebling und in deinem zweiten Jahr gelang die viel umjubelte Bundesligarückkehr mit den Königsblauen. Welche Erinnerungen hast du an die Feierlichkeiten von damals?

Ja, ich war relativ schnell Publikumsliebling. Das war ich aber bei allen Vereinen, in denen ich gespielt habe. Didi lässt sich sehr gut aussprechen, aber man hat auch gemerkt, dass ich alles für meinen Verein gebe und ich nah bei den Fans bin. Mit mir konnte man immer reden und ich bin bodenständig geblieben.


Wer war der größte Partylöwe, der dir in deiner Karriere über den Weg gelaufen ist?

Das war Günther Schlipper. Mein alter Mannschaftskollege und Kumpel, der hat gerne und viel gefeiert. Er brachte aber immer seine Leistung. Heute wäre das in dieser Form aber nicht mehr möglich.


Du musstest fast 10 Jahre warten, bis du wieder in der ersten Bundesliga auflaufen durftest. Was hat es dir bedeutet, die Knappen nach so vielen Jahren, am ersten Spieltag gegen den HSV, als Kapitän auf den Platz zu führen?

Es war natürlich ein ganz besonderes Erlebnis, Kapitän in der ersten Bundesliga zu sein und den FC Schalke aufs Feld zu führen. Das war eine ganz tolle Geschichte, dass ich auch schon den Verein als Kapitän zum Aufstieg führen konnte und das erfüllt mich bis heute mit Stolz.


Nach nur fünf Spieltagen hast du dein letztes Spiel gemacht. Im Derby wurde Dortmund mit 5:2 vom Platz gefegt. Schöner könnte ein Abschied nicht sein, wenn du nicht erst 28 Jahre alt gewesen wärst. Was war passiert?

Morgens bin ich bereits mit starken Schmerzen aufgestanden und ich bin zum Trainer und sagte ihm, dass ich nicht spielen kann. Er meinte, dass die Schmerzen direkt weg sind, wenn ich gleich 70.000 Fans höre, die meinen Namen schreien. Ich bekam noch ein paar Spritzen vorher und habe ein sensationelles Spiel gemacht. Abends bin ich freudig nach Hause gegangen und habe mich ins Bett gelegt. Am nächsten Morgen konnte ich mich nicht mehr bewegen und keinen Schritt mehr gehen. So hat sich dieser Schritt mit dem Karriereende langsam vollzogen. Die Ärzte sagten mir, dass ich den Antrag auf Invalidität stellen solle, weil ich mir gesundheitlich keinen Gefallen tun würde und sogar im Rollstuhl landen könnte. Früher hatte man auch nicht so lange Zeit, um gesund zu werden. Man musste spielen. Deshalb ging ich dann nach Köln an die Sporthochschule, um meinen Fußballlehrer zu machen.


Hattest du Existenzängste, nachdem du die Karriere so früh beenden musstest? Damals hatte man nach so kurzer Zeit im Profifußball noch nicht ausgesorgt.

Existenzängste hatte ich nicht. Ich war 12 Jahre Profi und habe immer bodenständig gelebt und habe das Geld auch nie zum Fenster rausgeworfen. Ich hatte auch einen Plan B in der Tasche, da ich als Trainer arbeiten wollte, was mir auch gelungen ist. Ich habe als Co-Trainer in der ersten Bundesliga gearbeitet und als Cheftrainer in der zweiten Bundesliga, sowie im gehobenen Amateurbereich, im Jugendbereich und der Frauen Bundesliga. Es gibt nur wenige Trainer, die so viel Erfahrung in verschiedensten Bereichen sammeln konnten. Ich war sogar Nationaltrainer der geistig behinderten Menschen. Da habe ich schon einiges erlebt, was mich auch stolz macht.


Wo hat es dir unabhängig vom sportlichen Erfolg am besten gefallen?

Das war natürlich beim MSV Duisburg, wo meine Karriere begann, und beim FC Schalke. Für mich gab es früher nichts größeres als den MSV. Als 8-Jähriger kam ich zum Verein und habe dort den Sprung in die erste Liga geschafft. Und meine Zeit auf Schalke war sensationell, die mit dem Aufstieg in die erste Bundesliga gekrönt wurde.


Gibt es Spiele oder Szenen, die dir immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?

An das ein oder andere Tor kann ich mich schon noch erinnern oder an verschiedene Duelle, vor allem gegen Kalle Rummenigge. Ich war 19 Jahre alt und dann kommt der große Karl-Heinz Rummenigge. Oder auch gegen Pierre Littbarski. Das waren sensationelle Duelle. Pierre ist bis heute mein Freund, obwohl ich ihn im Spiel gejagt habe.


In welchen Stadien hast du am liebsten gespielt und gab es Stadien, die du nicht mochtest? Natürlich habe ich am liebsten im Duisburger Wedaustadion und dem Parkstadion auf Schalke gespielt. Aber auch Dortmund und Bochum haben Spaß gemacht. Das waren schon reine Fußballstadien mit toller Stimmung.


Welcher deiner Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen?

Luis Zacarias und Horst Franz in Duisburg haben mich schon geprägt. Aber auch Aleksandar Ristic und Peter Neururer sind positiv hängen geblieben. Aber ich hatte auch Trainer, bei denen ich mir dachte, wie man so einen Trainer beschäftigen kann. Siggi Melzig war so einer, der wirklich überhaupt keinen Plan hatte, was er machen sollte.


Stehst du noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden in Kontakt oder haben sich gar Freundschaften entwickelt, die du heute noch pflegst?

Den ein oder anderen Kontakt habe ich noch, weil wir öfter Legendentreffen haben. Werner Vollack, Olaf Thon oder Peter Neururer sehe ich öfter. Man läuft sich mal über den Weg, aber ganz engen Kontakt gibt es seltener. Mit Horst Franz habe ich einen väterlichen Freund gefunden, mit dem ich auch als Trainer zusammengearbeitet habe in Babelsberg.


Zum Abschluss würde ich dir gerne einige Namen ehemaliger Weggefährten nennen und dich darum bitten in aller Kürze aufgrund persönlicher Erfahrungen etwas zu ihnen zu sagen.

Jens Lehmann: Toller Torhüter, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Als er zu uns kam als junger Kerl, hat man schnell gemerkt, dass er seinen Weg gehen wird. Er weiß, was er will und steht immer zu seiner Meinung.

Aleksandar Ristic: Super Trainer, der immer zu seinem Wort steht. Er hat dafür gesorgt, dass ich an der Sporthochschule meinen Fußballlehrer machen konnte. Er sagte mir mal, dass er mich irgendwann als Trainer holt und als ich ohne Job war, hat er sich bei mir gemeldet und mir einen Job als A-Jugendtrainer, Jugendkoordinator und Spielbeobachter besorgt. Ganz unkompliziert. Auf Schalke hat er auch tolle Arbeit geleistet. Ganz geradliniger und strenger Trainer.

Klaus Fischer: Idol auf Schalke mit legendären Toren. Hatten auch mal eine schlechtere gemeinsame Phase, als ich sein Co-Trainer werden sollte und er mich am Abend vor meiner Vertragsunterschrift anrief und sagte, dass er mich doch nicht nimmt, weil er sich für einen alten Bekannten entschieden hatte. Es war enttäuschend, aber heute trinken wir auch mal ein Bierchen zusammen.

Roland Wohlfahrt: Wir spielten schon zusammen in der A-Jugend beim MSV und danach in der ersten und zweiten Bundesliga. Ganz toller Mensch und unglaublicher

Torjäger.


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