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Interview mit Benno Möhlmann

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"Der Betzenberg war ein Hexenkessel und viele Schiedsrichter sind dort eingeknickt."

Benno Möhlmann spielte viele Jahre in der Bundesliga für Werder Bremen und den Hamburger SV, bei dem er auch seine Trainerkarriere startete. 


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von Mario Gailing


Benno Möhlmann, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen was Sie heute mit Ihrer Zeit machen, nachdem Sie so lange im Fußballgeschäft tätig waren.
Nach meiner Spielerkarriere ging es nahtlos im Fußballgeschäft weiter. Ich wurde Co-Trainer beim HSV, womit meine Trainerkarriere startete. Nach meiner letzten Trainerstelle bin ich aktiver Rentner, der noch heute beratend für Greuther Fürth tätig ist.


Gehen Sie heute noch ins Stadion in Ihrer Freizeit, sofern es Corona zulässt?
Ja, wir haben noch einige Werder-Dauerkarten in der Familie. Ich wohne 15 Minuten vom Stadion entfernt.


Sie waren als Spieler für Preußen Münster, Werder Bremen und den Hamburger SV am Ball. Alles große Traditionsvereine. Wo hat es Ihnen am besten gefallen? 
Das ist nicht so einfach zu beantworten. In Münster schafften wir es in die Qualifikation zur Bundesliga und haben den Aufstieg knapp verpasst. Ich war jung und lernte meine Frau dort kennen. Das sind natürlich starke Erinnerungen. In Bremen kam ich erst richtig nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga an, als ich Kapitän war und wir uns unter Otto Rehhagel in die Bundesliga-Spitze hineinspielten. Beim HSV gab es dann den Ausklang meiner Spielerkarriere. Anfangs konnte ich als Spieler noch helfen, entschloss mich aber schon früh meine Karriere dort als Spieler vorzeitig zu beenden.


Woran, glauben Sie, liegt es, dass so viele Traditionsvereine wie 1860 München, Kaiserslautern oder Duisburg in den Niederungen des Profifußballs verschwinden? Auch Werder und der HSV sind nur noch zweitklassig.
Da gibt es verschiedene und immer unterschiedliche Gründe. Wesentlich sind aber oft falsche strategische und personelle Entscheidungen, wie beispielsweise ein Stadionausbau oder die Einbindung von Investoren, sowie im personellen Bereich falsche Entscheidungen bei Spielern, Trainern oder Managern.


Kommen wir zu Ihrer Spielerkarriere. Nachdem Sie einige Jahre für Münster in der 2. Bundesliga gespielt haben, wechselten Sie zum SV Werder in die Bundesliga. Wie entstand der Kontakt und mit wem haben Sie verhandelt? 
Eigentlich wollte ich gar nicht weg aus Münster. Aber Münster musste Spieler verkaufen, um Steuernachzahlungen leisten zu können. Ich war mit Schalke schon einig, die über 500.000 DM für mich gezahlt hätten. Allerdings bremste der Aufsichtsrat von Schalke den Wechsel aus. Rudi Assauer von Werder Bremen nahm dann Kontakt auf, aber Werder wollte nur 300.000 DM zahlen. Schließlich einigte man sich auf 500.000 DM und gab dafür im Gegenzug Willi Mense für 250.000 DM ab.


In Bremen waren Sie auf Anhieb Stammspieler. Worin lagen die größten Unterschiede zwischen Preußen und Werder, bzw. zwischen zweiter und erster Bundesliga?
In der ersten Bundesliga war einfach eine deutlich höhere Qualität der Spieler. Allerdings herrschte in Münster die Einstellung, dass wir jedes Spiel gewinnen wollten. In Bremen dagegen gab man sich nach meinem Eindruck mit der Auswärtsschwäche ab und nahm die Niederlagen in der Fremde einfach hin, ohne etwas daran ändern zu wollen.


1980 stiegen Sie mit Werder Bremen aus der Bundesliga ab. Denkt man als Spieler in erster Linie an seine eigene Karriere oder geht einem auch das Schicksal des Vereins nah, bzw. die Trauer der Fans?
Natürlich spürt man die Verantwortung für den Verein und sieht die Trauer der Fans und teilweise deren Wut. Ich hatte aber damals noch nicht die große Bindung zu dem Verein und wäre auch gewechselt, wenn man mich gelassen hätte. Jürgen Röber war schon mit Bayern klar für 800.000 DM. Kalle Geils ging zu Bielefeld und Werner Dreßel zum HSV. Mehr Spieler ließ man aber nicht gehen. Man hat mich quasi zum Glück gezwungen, wenn man zurückblickt. Ich habe aber auch trotzdem weiterhin alles für Werder gegeben.


Rudi Assauer war damals Trainer beim Bundesliga-Abstieg. Vor allem jüngere Fans kennen Assauer nur als Kult-Manager. Wie haben Sie ihn als Trainer erlebt?
Er war ja nur Übergangstrainer. Er machte seine Sache sehr gut und konnte die Mannschaft motivieren. Er machte zwar kein Training nach Lehrbüchern, aber hatte eine sehr gute Ansprache. Wir sind nur abgestiegen, weil wir keinen Libero hatten, nachdem Dave Watson schon zu Beginn der Saison zurück nach England ging.


Kurz darauf begann die Ära Otto Rehhagel beim SV Werder, der die Mannschaft direkt zurück in die Bundesliga führte. Was glauben Sie, warum Rehhagel so erfolgreich in Bremen war?
Rehhagel kam, als wir schon Tabellenführer waren. Mit ihm haben wir dann aber auch besseren Fußball gespielt. Er war sehr mutig und ließ uns mutig spielen. Er hat die Mannschaft auch sehr gut angesprochen. Rehhagel hatte einfach ein gutes Händchen für die Leute und verpflichtete gute Spieler. Er streckte immer schon rechtzeitig seine Fühler aus. Und über die Ehefrauen der Spieler verschaffte er sich auch seine Einblicke.


Es gibt Meinungen von Experten, dass sich ein Trainer mit der Zeit abnutzt. Hatten Sie bei Rehhagel auch irgendwann das Gefühl, dass es Zeit für einen Wechsel ist?
Das kann ich klar verneinen. Dieses Gefühl gab es bei ihm nie. Er wiederholte sich öfter, gerade auch dann, wenn neue Spieler kamen, aber er hat das mit so einer Intensität gemacht, dass man es immer wieder komplett angenommen hat. Das war eine ganz große Qualität von ihm.


In der Saison 85/86 gab Werder die Meisterschaft kurz vor Schluss noch aus der Hand. Gegen Bayern verschoss Michael Kutzop einen Elfmeter in der 88. Minute, der die Meisterschaft bedeutet hätte, am vorletzten Spieltag. Wie ging die Mannschaft mit Kutzop danach um? Gab es Vorwürfe?
Da gab es überhaupt keine Vorwürfe. Kutzi war immer so souverän, dass ich gewettet hätte, dass er ihn reinmacht. Ich hatte damals auch kleine Auseinandersetzungen mit Rehhagel, weil er mich nicht spielen ließ und ich das Gefühl hatte, der Mannschaft noch helfen zu können.


Sie waren mehrmals ganz nah dran am Meistertitel. In der Saison 1987/88 hat es dann endlich für Bremen zum ganz großen Wurf gereicht. Allerdings sind Sie schon nach wenigen Spieltagen und nur einem Einsatz während der laufenden Saison zum HSV gewechselt. Haben Sie den Wechsel bereut oder haben Sie sich trotzdem als deutscher Meister gefühlt?
Nein, ich habe nichts bereut, da ich gar nicht weiß, wie es weitergegangen wäre. Ich hatte damals gute Gespräche mit dem Trainer und Günter Hermann entwickelte sich so gut, dass er mich ersetzen konnte.


Wie hat Ihnen Otto Rehhagel Ihre Nichtberücksichtigung erklärt, nachdem Sie über viele Jahre absoluter Stammspieler unter ihm waren?
Das lag an meiner Verletzungsanfälligkeit. Ich konnte einfach nicht mehr alles abrufen und das hat natürlich auch der Trainer erkannt.


Haben Sie Ablehnung aus Bremen gespürt, weil Sie ausgerechnet zum großen Nordrivalen nach Hamburg gewechselt sind?
Nicht wirklich. Klar gab es in den Fanszenen kleine Unstimmigkeiten, aber das war alles noch ok.


Beim HSV beendeten Sie mitten in der Saison Ihre Karriere. Was war ausschlaggebend dafür?
Ich hatte die Möglichkeit meinen Trainerschein zu machen und als Co-Trainer beim HSV einzusteigen. Ich war nicht mehr fit und hatte kaum noch Einsätze. Eigentlich wollte ich den Trainerschein schon zum Ende meiner Bremer Zeit machen, habe mich aber dann doch noch für die Fortsetzung meiner Spielerkarriere beim HSV entschieden.


Gibt es Spiele oder Szenen, die Ihnen immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?
Ja, da gibt es sicher noch ein paar Szenen und Spiele, die hängengeblieben sind. Zum Beispiel das DFB-Pokalhalbfinale 1984 mit Werder gegen Gladbach. Wir lagen eine Viertelstunde vor Schluss 1:3 hinten und drehten das Spiel innerhalb von fünf Minuten in ein 4:3 und haben uns schon riesig gefreut. Dann erzielte Hans-Jörg Criens in der Nachspielzeit noch den Ausgleich und sogar den Siegtreffer für Gladbach in der Verlängerung. Ich habe mich nie mehr während eines Spiels schon gefreut. Wir waren uns damals schon zu sicher. Ich erinnere mich auch noch gerne an den vorletzten Spieltag 1988 mit dem HSV gegen Werder. Wir gewannen 4:1, ich erzielte ein Tor und Bremen wurde Meister.


Welcher Ihrer Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen? 
Eindeutig Otto Rehhagel, über die gesamte Zeit. Aber auch mit Werner Biskup hatte ich zwei sehr gute Jahre.


Wer war Ihr unbequemster Gegenspieler?
Das war Friedhelm Funkel. Ich habe ihn immer größtenteils ausschalten können, aber am Ende hat er doch meistens sein Tor gemacht. Wir hingen immer 90 Minuten aneinander. Auch Matthäus zu seinen Gladbacher Zeiten war sehr stark und schwer zu bespielen.


Glauben Sie, dass Sie in Ihrer Karriere alles richtig gemacht haben oder gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?
Ich bin zufrieden. Es geht ja nicht nur um den sportlichen Erfolg. Ich war überall zufrieden. Vielleicht hätte ich früher Münster verlassen sollen. Aber ich habe mich überall wohlgefühlt. Da war mir ein gutes Arbeitsklima auch wichtig. Ich bin später als Trainer auch in die dritte Liga zu Eintracht Braunschweig, obwohl ich auch in der Bundesliga arbeiten konnte, aber mir hat es in Braunschweig einfach gefallen und deshalb habe ich dort unterschrieben.


Gab es Stadien, in denen Sie gar nicht gerne gespielt haben?
Im Westen habe ich nicht gerne gespielt, weil wir dort, gerade am Anfang, meistens verloren haben. Kaiserslautern war auch nicht angenehm. Der Betzenberg war ein Hexenkessel und viele Schiedsrichter sind dort eingeknickt. Da wurde ein Spiel öfter durch den Einfluss der Zuschauer entschieden.


Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne einige Namen nennen von ehemaligen Weggefährten und Sie darum bitten in aller Kürze etwas zu ihnen zu sagen.
Thomas Schaaf:
Thomas war immer ruhig und souverän in seiner Art. Ein solider Spieler. Nicht berauschend, aber auch nicht schlecht. Aber er war kein guter Verlierer.

Rudi Völler: Absoluter Ausnahmestürmer. Im Dribbling und vorm Tor eine Klasse besser als die anderen. Man hatte im Training kaum eine Möglichkeit ihm den Ball abzunehmen.
 
Manni Burgsmüller:
Ein riesiges Schlitzohr. Er war auch unberechenbar für uns Mannschaftskameraden. Er hat nicht getrunken, war aber immer unterwegs. Keiner wusste wo er sich rumtrieb. Auf dem Platz sehr leichtfüßig.
 
Manni Kaltz:
Mit ihm hatte ich sehr viel zu tun. Wir waren auch zusammen auf dem Zimmer und haben viel geredet. Ein sehr angenehmer Mensch. Sehr erfahren und geschickt. Er hat oft Fouls vor der Werbebande einer Versicherung rausgeholt, mit der zusammengearbeitet hat.
 

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