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Interview mit Sven Demandt

"Ich hatte das Glück, dass Gerd Zewe mich ganz gut fand."

Sven Demandt spielte unter anderem für Düsseldorf, Leverkusen, Hertha BSC und Mainz 05. Er hat mit uns über seine Anfänge in der Bundesliga bei der Fortuna und wahnsinnige Konkurrenz bei Bayer Leverkusen gesprochen.

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von Nico Petrowsky


Sven Demandt, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, würden wir gerne wissen, was Sie im Anschluss an Ihre Karriere gemacht haben und was Sie heute beruflich machen?
Im Anschluss an meine Karriere war ich sehr lange Trainer. Ich habe damals lange in Gladbach trainiert, z.B. die U19 und die U23 mit dem berühmten 92er Jahrgang mit Ter Stegen, Yunus Malli, Elias Kachunga, oder auch Julian Korb und Alexander Mühling, die jetzt bei Holstein Kiel spielen. Momentan bin ich Scout bei Holstein Kiel.


Kommen wir zu Ihrer Spielerkarriere. Mit zarten 19 Jahren wechselten Sie 1984 zum Bundesligisten Fortuna Düsseldorf. Erzählen Sie uns von Ihrem ersten Bundesliga-Einsatz auf dem berühmt-berüchtigten Betzenberg.
Alles weiß ich logischerweise nicht mehr. Ich weiß aber schon, dass mein erster Einsatz damals auf dem Betzenberg in Kaiserslautern war. Ich weiß auch noch, dass wir das Spiel verloren haben. Ich bin ca. 20 Minuten vor Schluss eingewechselt worden, als das Spiel eigentlich schon so gut wie verloren war. Für mich gab es in dem Fall nichts zu verlieren, deshalb war ich auch gut drauf. Am Ausgang des Spiels konnte ich leider trotzdem nichts mehr ändern.


Nach mehreren Kurzeinsätzen zu Beginn der Saison, berücksichtigte Sie Trainer Willibald Kremer zunächst nicht mehr. Machten sich da schon Existenzängste breit oder Zweifel am großen Traum Profifußballer?
Nein, überhaupt nicht. Im Nachhinein kann ich aber sagen, dass ich nach dem ersten Bundesligaeinsatz das Gefühl hatte, dass ich mithalten kann. Ich kam als Amateur nach Düsseldorf und hatte mit 17 oder 18 Jahren ehrlicherweise auch nie den Traum, Profifußballer zu werden. Für mich war das alles sehr weit weg und ich habe nicht unbedingt gedacht, dass ich es schaffen werde. Dementsprechend war ich recht entspannt, als ich den Schritt nach Düsseldorf gewagt habe. Aber klar, wenn man dann mittendrin ist und auch zum Einsatz kommt, dann kann man schon einschätzen, ob man mithalten kann. Aber ich hatte damals nicht so großen Druck, wie junge Spieler heutzutage. Ich habe mir zwei Jahre Zeit gegeben und wenn es nicht funktioniert hätte, dann hätte eben ein Plan B greifen müssen. Den hatte ich damals allerdings auch noch nicht. Hätte ich mir halt was überlegen müssen.


Das heißt, Sie hatten keine berufliche Ausbildung in der Hinterhand, falls es mit der Karriere nicht funktioniert hätte?
Nein, hatte ich nicht. Aber ich habe in meinem ersten Jahr in Düsseldorf noch mein Abitur gemacht und im zweiten Jahr war ich bei der Bundeswehr. Die Frage hätte sich dann im Sommer gestellt, wenn ich keinen richtigen Vertrag erhalten hätte. Aber dann kam eben das Angebot, einen Profivertrag zu unterschreiben.


In Düsseldorf waren Sie Mannschaftskamerad von Legenden wie Gerd Zewe oder Rudi Bommer. Wie haben die alten Hasen den Jungspund aus dem Amateurbereich aufgenommen?
Damals hat die Hierarchie innerhalb der Mannschaft noch eine wesentlich größere Rolle gespielt. Ich hatte das Glück, dass Gerd Zewe mich ganz gut fand. Von daher hatte ich nicht viel zu befürchten, weil er der Kapitän und Chef der Mannschaft war. Er hat mir sehr dabei geholfen, mich zurechtzufinden.


Unter dem neuen Trainer Dieter Brei wurden Sie 1985 Stammspieler und zeigten sich sehr treffsicher. Gab es jemand, der darauf achtete, dass Sie als junger Kerl nicht den Boden unter den Füßen verloren nach dem rasanten Aufstieg in der Bundesliga?
Nein, da musste niemand auf mich aufpassen. Ich war schon immer sehr geerdet und mir ist nichts zu Kopf gestiegen.


Gegen den BVB gelang Ihnen Ihr erster Bundesligatreffer. Können Sie sich noch daran erinnern?
Wenn ich ehrlich bin, weiß ich zwar, dass ich gegen Dortmund ein Tor gemacht habe, aber so richtig dran erinnern, wie es gefallen ist, kann ich mich eigentlich nicht mehr. Da gab es teilweise „wichtigere“ Tore, an die ich mich im Nachhinein mehr erinnern kann. Es ist ja auch schon etwas her.


Sie stiegen 1987 mit der Fortuna ab, wechselten aber nicht. Gab es keine anderen Angebote oder war es einfach so, dass die Spieler früher noch mehr Dankbarkeit und Treue gegenüber ihren Vereinen übrighatten?
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es großartige Angebote von anderen Vereinen gab. Damals konnte man auch noch nicht so einfach wechseln. Selbst wenn der Vertrag auslief, musste der andere Verein noch Ablöse zahlen. Auf der anderen Seite hat sich die Frage für mich auch nicht gestellt. Wir sind abgestiegen und dann war klar, dass wir gemeinsam wieder versuchen aufzusteigen.


1989 ballerten Sie die Fortuna mit 35 Toren fast im Alleingang zurück in die Bundesliga und schlossen sich Bayer Leverkusen an. Was war ausschlaggebend für den Wechsel und wie schwer ist es Ihnen gefallen, Düsseldorf zu verlassen?
Logischerweise ist mir die Entscheidung sehr schwergefallen. Der Entschluss für den Wechsel fiel allerdings auch zu einem Zeitpunkt, an dem noch lange nicht sicher war, dass wir aufsteigen. Ganz im Gegenteil. Wir haben dann gegen Ende der Runde noch sieben oder acht Spiele gewonnen und den Aufstieg dadurch noch geschafft. Die Entscheidung, dass ich etwas anderes probieren wollte, fiel schon lange davor.


Auch in Leverkusen waren Sie gesetzt, gingen aber nach nur einer Saison zurück nach Düsseldorf. Wieso, wo Sie in Leverkusen doch endlich mal nicht immer nur gegen den Abstieg spielen mussten?
Gesetzt war ich in der Hinserie. In der Rückserie dann nicht mehr, da ist Andreas Thom gekommen. Und der, das muss man fairerweise sagen, war einfach zu gut. Deshalb hat er dann gespielt. Außerdem war klar, dass im Sommer mit Ulf Kirsten noch ein junger Stürmer kommt. Dann gab es auch noch Heiko Herrlich. Ich konnte mir schon ausrechnen, dass ich nicht allzu viele Spielanteile bekommen werde. Das war dann auch der entscheidende Punkt, denn letztendlich habe ich Fußball gespielt, weil ich auf dem Platz stehen wollte. Bei der Konkurrenz in Leverkusen war das schon schwer, deswegen bin ich wieder zurück zur Fortuna.


Nach zwei Jahren stiegen Sie mit Düsseldorf erneut aus der Bundesliga ab und Sie wechselten zum Zweitligakonkurrenten Hertha BSC Berlin, ehe Sie, nach zwei weiteren Jahren, für sieben Jahre bis zu Ihrem Karriereende beim FSV Mainz 05 spielten. Wo hat es Ihnen, unabhängig vom Erfolg, am besten in Ihrer Karriere gefallen?
Schwer zu sagen. Jede Station hatte gute Seiten. Mir hat es in Berlin gut gefallen. Obwohl die Hertha auch Zweitligist war und noch nicht der, vorsichtig formuliert, gut strukturierte Verein, der er heute ist. In Mainz wäre ich auch nicht so lange geblieben, wenn es uns dort nicht gefallen hätte.


Wo lagen die größten Unterschiede zwischen Ihren jeweiligen Stationen?
Leverkusen ist damals in der Bundesliga fünfter geworden. Das war dort mit dem ganzen Drumherum schon was anderes als z.B. in Mainz. Bei meinem ersten Spiel in Mainz haben wir uns 1 ½ Sunden vor Anpfiff im Stadion getroffen und es war so wenig los, dass ich dachte, das Spiel fällt aus. In meiner Anfangszeit in Mainz kamen dort knapp 2000 Zuschauer und wir mussten auch immer auf verschiedenen Bezirkssportplätzen trainieren. Zu diesem Zeitpunkt war Mainz 05 längst noch nicht der Verein, der er heute ist. Trotzdem hatte ich dort eine sehr schöne Zeit.


Bei Mainz 05 spielten Sie mit der heutigen Trainer-Ikone Jürgen Klopp zusammen. Wie haben Sie ihn als Mitspieler erlebt? War da schon absehbar, dass er den Weg ins Trainergeschäft findet, bzw. so eine erfolgreiche Trainerkarriere hinlegt?
Ich glaube das war definitiv nicht absehbar. Dass er den Weg ins Trainergeschäft wählt, eventuell schon. Aber dass er eine solche Karriere startet, konnte keiner erahnen. Kloppo war schon immer sehr authentisch und ist es auch immer noch. Was er sagt und so wie er sich gibt, so ist er auch persönlich. Das ist sein großes Plus. Da gibt es bestimmt viele, die sich verstellen. Er schafft es durch seine Art die größten Pflegefälle zu guten Leistungen anzutreiben.

Wie änderte sich Ihr Verhältnis untereinander, als Klopp plötzlich nicht mehr Mitspieler, sondern Ihr Trainer war?
Das hat sich nicht geändert. Wir waren damals eine sehr spezielle Mannschaft. Unser Trainer Wolfgang Frank hat die Viererkette bei uns eingeführt und aus einer normalen Zweitligamannschaft eine schlagkräftige Truppe geformt. Durch ihn haben wir sehr viel Fußballfachwissen vermittelt bekommen. Es war dann auch kein Zufall, dass aus dieser Mannschaft so viele Jungs Trainer wurden oder anderweitig im Profigeschäft tätig geworden sind. Für Klopp war es als Trainer dann wahrscheinlich auch gar nicht mehr so schwierig, weil wir uns vorher durch Wolfgang Frank eben sehr viel mit Fußball beschäftigt haben und dementsprechend auch viel wussten. Mit Jürgen Klopp hat es dann auch vom ersten Moment an funktioniert.


In welchen Stadien haben Sie am liebsten gespielt und gab es Stadien, die Sie nicht mochten?
Das Parkstadion, wenn es richtig gezogen hat, war nicht so angenehm. Die reinen Fußballstadien haben eigentlich immer Spaß gemacht, z.B. Bochum, St. Pauli oder Aachen. Eben dort, wo die Zuschauer nah dran waren. Trotz Überzahl der gegnerischen Fans hat es dort wegen der Atmosphäre immer Spaß gemacht.


Wie schwer ist es Ihnen gefallen, die große Bühne des Profifußballs als Spieler zu verlassen und wussten Sie an Ihrem Karriereende schon, wie es bei Ihnen beruflich weitergeht?
Überhaupt nicht schwer, weil ich bis zu meinem 36. Lebensjahr noch Zweite Liga spielen durfte. Das ist eine sehr lange Zeit, die ich als Profi erleben durfte.

Hat es Sie geärgert, dass Sie 2020 von Simon Terodde als Rekordtorschütze der 2. Bundesliga abgelöst wurden?
Nein. Letztendlich sind Rekorde dazu da, um gebrochen zu werden. Es war auch klar, dass er den Rekord früher oder später einstellt. Ich habe Simon vorher noch getroffen und ihm aus Spaß gesagt, dass er doch auch mal im Ausland Erfahrung sammeln könnte.


Sie hatten Trainer wie Horst Köppel, Aleksandar Ristić, Wolfgang Frank oder Rolf Schafstall. Wie würde Ihre persönlich Trainer-Top3 aussehen?
Ich glaube, dass Wolfgang Frank uns allen damals einen ganz anderen Blick auf den Fußball vermittelt hat. Er konnte beweisen, dass Erfolg zwar nicht planbar ist, aber man gewisse Wahrscheinlichkeiten erhöhen kann. Wenn man richtig fit und taktisch gut ausgerichtet ist, dann erhöht das eben die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. Frank hat uns dadurch alle geprägt. Ristić hatte auch einen richtigen Plan. Diese zwei, vor allem aber Wolfgang Frank, haben mich am meisten geprägt.


Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne einige Namen ehemaliger Weggefährten nennen und Sie darum bitten in aller Kürze aufgrund persönlicher Erfahrungen etwas zu ihnen zu sagen.
Karl Del´Haye:
War mein Mannschaftskamerad in Düsseldorf, als wir abgestiegen sind.

Rudi Kargus: Auch ein ehemaliger Kollege aus Düsseldorf. Wir hatten damals Torwartprobleme und er hat sensationell gehalten. Er hatte immer eine lange graue Hose an. Da hat er dann immer gesagt: „Alter Mann, alte Hose.“

Mario Basler: Damals bei Hertha war er ein wenig auf dem Scheideweg, wie seine Karriere weitergeht. Er hat dann in der Rückrunde sensationell gespielt und ging nach Bremen, wo seine Karriere nochmal richtig Fahrt aufnahm.

Thomas Allofs: Mit Thomas habe ich heute noch Kontakt und wir sehen uns ab und an auf dem Fußballplatz. Ein genialer Stürmer und ein super Typ.

Walter Junghans: Mit der beste Kreisspieler im sechs gegen zwei. Ein guter Typ und super Torwart, der den Ruf, der ihn manchmal ereilt, nicht verdient hat.

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