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Interview mit Hans-Georg "Schorch" Dreßen

"Die Schotten singen von der ersten bis zur letzten Minute."

Schorsch Dreßen spielte für Borussia Mönchengladbach und den 1. FC Köln. Er hat mit uns über große Spiele gegen Real Madrid und sein frühes Karriereende gesprochen.

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von Mario Gailing


Hans-Georg Dreßen, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen was Sie im Anschluss an Ihre Karriere machten und heute beruflich machen?
Ich habe nach meiner Verletzung zunächst den Trainer A-Schein gemacht und direkt im Anschluss meinen Fußballlehrer. Ich war dann unter Bernd Krauss Co-Trainer bei Borussia Mönchengladbach und unter Wolfgang Wolf beim VfL Wolfsburg. Mit Krauss bin ich noch bei RCD Mallorca und Aris Saloniki tätig gewesen. Danach habe ich meine eigene Fußballschule gemeinsam mit Jörg Albertz eröffnet, womit wir immer noch unterwegs sind.


Kommen wir zu Ihrer Karriere. Sie kamen als 17-Jähriger zu Borussia Mönchengladbach. Wie kam der Kontakt zustande?
Das stimmt so nicht. Ich bin bereits mit 10 Jahren zu Borussia gewechselt. Damals durch einen Klassenkameraden, dessen Vater bei Borussia Trainer war. Ich bin also einer der wenigen "waschechten" Borussen, von der Jugend bis zum Lizenzspieler.


Können Sie sich noch an Ihr erstes Profigehalt erinnern?
Klar, es gab 2500 DM brutto plus Prämie, aber nur wenn man spielte und auch gewann.


Wie fühlte es sich an, plötzlich mit Mannschaftskameraden wie Lothar Matthäus, Frank Mill oder Winnie Schäfer in der Kabine zu sitzen?
Da ich schon vorher mittrainieren durfte, hielt sich die Ehrfurcht in Grenzen.


Mit 18 Jahren spielten Sie 1983 zum ersten Mal Bundesliga. Trainer Jupp Heynckes ließ Sie gegen Bielefeld direkt von Beginn an ran. Wie hat man Ihnen damals mitgeteilt, dass Sie in der Startelf stehen?
Jupp hat mich zur Seite genommen und gesagt: „Du spielst am Samstag.“


Sie wurden schnell zum Stammspieler unter Jupp Heynckes. Wie würden Sie heute seinen Anteil an Ihrer Karriere bewerten?
Er hat sicher einen großen Anteil. Ich habe während des Fußballlehrer-Lehrgangs auch meine Hospitation in Bilbao bei ihm gemacht.


Mussten Freunde und Familie auf Sie achten, dass Ihnen der schnelle Erfolg in jungen Jahren nicht zu Kopf stieg?
Nein, niemals.


Ein echtes Highlight in Ihrer Karriere waren sicherlich die Spiele im Achtelfinale des UEFA-Cups 1985 gegen Real Madrid. Im Hinspiel hat Gladbach die Königlichen mit 5:1 verdroschen. Real reiste mit Stars wie Camacho, Hugo Sánchez, Valdano und Butragueno an. Glaubten Sie im Vorfeld an eine realistische Chance aufs Weiterkommen?
Ja klar, wir waren sehr motiviert. Angst ist auf dem Fußballplatz nicht angebracht. Respekt hatten wir sicher, aber in dem Jahr waren wir ebenfalls eine Mannschaft, vor der man Respekt hatte.


Im Rückspiel im Bernabéu Stadion kam die Borussia mit 0:4 unter die Räder und schied durch Santillana´s Treffer in der 88. Minute aufgrund der Auswärtstorregel doch noch aus. Wie richtet man sich als junger Spieler nach so einer sportlichen Tragödie wieder auf?
Man ist zunächst am Boden, aber drei Tage später spielten wir wieder auf Schalke.


In Madrid waren 95.000 Menschen im Stadion. Erzählen Sie uns doch von diesem Erlebnis.
Es war schon einzigartig. Man hat die Madrilenen vor dem Anpfiff gar nicht gesehen. Sie machten sich nicht warm. Das war schon einschüchternd. Die Stimmung war ohrenbetäubend und steigerte sich natürlich mit jedem Tor.


Sie haben in weiteren tollen Stadien wie dem Ibrox Park in Glasgow, dem Stadion Partizana in Belgrad oder dem ehrwürdigen Stadio Comunale von Juventus Turin gespielt. Welches Stadion würden Sie als größtes Erlebnis bezeichnen?
Ohne Zweifel den Ibrox-Park in Glasgow. Die Schotten singen von der ersten bis zur letzten Minute, auch dann, wenn es mal nicht läuft. Das war die geilste Stimmung, die ich erleben durfte. Neben dem Ibrox-Park hätte ich übrigens sehr gerne an der Anfield Road gespielt.


In welchen Stadien in Deutschland waren Sie am liebsten zu Gast?
In Köln im Müngersdorfer Stadion. Dort war die beste Stimmung.


1987 schafften Sie es mit der Borussia bis ins Halbfinale des UEFA-Cups und schieden dort gegen den schottischen Underdog Dundee United aus. Erinnern Sie sich, wie das Ausscheiden zustande kam?
Ich war im Rückspiel wegen einer Gelb-Sperre nicht dabei, aber wenn man zu Hause kein Tor schießt, hat man das Weiterkommen auch nicht verdient.


Obwohl Sie zum Stammpersonal gehörten, wechselten Sie 1989 als geborener Gladbacher zum großen Rivalen 1. FC Köln. Wie kam es zu diesem Wechsel?

Wie zu Beginn schon festgestellt, war der Verdienst damals nicht so immens. Das war eine rein finanzielle Entscheidung. Borussia wollte zunächst nichts drauflegen und dann habe ich in Köln unterschrieben.


Haben Ihnen die Fans der Borussia diesen Wechsel übel genommen?
Damals war der Zwist zwischen den Fans nicht so gravierend. Uwe Rahn hat ja zeitgleich mit mir in Köln gespielt. Das war ok.


In Köln spielten Sie zwar gleich in Ihrer ersten Saison im Europapokal und schieden erst im Halbfinale gegen Juventus aus, aber in der Rückrunde verloren Sie Ihren Stammplatz. Welche Gründe gab es hierfür?
Kleine Verletzungen haben mich immer wieder zurückgeworfen.


Gladbach holte Sie nach nur einer Saison zurück an den Niederrhein, wo Sie sofort wieder gesetzt waren, bis Sie sich schließlich so schwer verletzten, dass Sie nicht mehr auf die Beine kamen. Wie fühlte es sich an, als Sie registrierten, dass Sie sich mit bereits 25 Jahren im besten Fußballeralter auf ein frühes Karriereende einstellen mussten?
Das war schon ein Schlag. Aber meine Familie hat mich unterstützt und auch meine späteren Entscheidungen getragen.


Hatten Sie alles auf die Karte Profifußballer gesetzt oder hatten Sie einen Plan B, sprich eine abgeschlossene Ausbildung in der Hinterhand, mit der Sie beruflich flexibel gewesen wären?
Nein, für mich zählte nur der Fußball.


Würden Sie rückblickend auf Ihre Karriere noch einmal alles genauso machen, wie Sie es gemacht haben?
Man kann sicher immer etwas verbessern, aber ich würde es wieder so machen.


Sie waren mehrfach ganz nah an einem Titel dran. Hat es Sie belastet, dass Sie letztendlich ohne Titelgewinn Ihre Karriere beendet haben?
Nein, ich musste ja mit 25 meine aktive Laufbahn beenden. Das war belastend. Später habe ich mit Borussia als Co-Trainer den DFB-Pokal geholt. Das hat versöhnt.


Gibt es Spiele oder Szenen, die Ihnen immer noch besonders gut im Gedächtnis sind?
Negativ - klar das Spiel in Madrid. Positiv - sicher der 7:1-Sieg in Bremen 1987 und das Spiel 1986 im Ibrox-Park.


Gab es Mitspieler, die Sie beeindruckt haben?
Beeindruckt nicht, aber ich habe gerne mit Uwe Rahn, Bernd Krauss und Thomas Krisp zusammengespielt.


Sie haben mit großen Trainern gearbeitet. Welcher Ihrer Trainer hat am meisten Eindruck hinterlassen?
Das war Jupp Heynckes. Zunächst wahrscheinlich, weil er mich ins kalte Wasser geworfen hat und mir Vertrauen geschenkt hat.


Zum Abschluss würde ich Ihnen gerne einige Namen nennen und Sie darum bitten in aller Kürze, aufgrund persönlicher Erfahrungen, etwas zu ihnen zu sagen:

Frank Mill: Als Spieler nicht mein bester Freund.

Ewald Lienen: Väterlich, aber auch gewöhnungsbedürftig.

Stefan Effenberg: Damals arrogant.

Uwe Rahn: Bodenständig, immer ein offenes Ohr.

Thomas Häßler: Genialer Fußballer mit zu wenigen Eigenheiten.

Christoph Daum: Zielstrebig, besessen.





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