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Interview mit Michael Dusek

"Wir kamen manchmal erst zwei Stunden vorm Training nach Hause."

Michael Dusek kam als 18-jähriger zum FCK - und blieb. Er spielte über 240 mal für die Roten Teufel, ehe er seine Karriere viel zu früh beenden musste. Im Interview spricht er darüber wie er bei Otto Rehhagel zum Rapport musste, über durchzechte Nächte vorm Training und wie Trainer Kalli Feldkamp als Einziger an ein Weiterkommen gegen Real Madrid glaubte.

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von Mario Gailing

Michael Dusek, bevor wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen, möchten wir gerne wissen was 
du im Anschluss an deine Karriere gemacht hast und heute beruflich machst?
Nach meinem viel zu frühen Aus als Spieler war ich noch viele Jahre beim 1. FCK als Trainer 
verschiedener Mannschaften und als Leiter des Nachwuchsleistungszentrum tätig. Anschließend fand ich wieder in meinen erlernten Beruf als Kaufmann zurück und trainierte sehr erfolgreich einige Mannschaften im Amateurbereich. So stieg ich u.a. zweimal mit dem SC Idar-Oberstein in die Regionalliga auf. Ich arbeite noch in einer Firma in Idar-Oberstein und lege jeden Tag die Strecke von Kaiserslautern zur Arbeitsstätte zurück. Aber das berufliche Ende ist absehbar.

Gehst du in deiner Freizeit noch ins Stadion? 
Nicht nur in meiner Freizeit halte ich mich in Stadien auf, sondern auch nebenberuflich. Ich bin schon seit Jahren Scout bei Eintracht Frankfurt. Mein ehemaliger Kollege Bruno Hübner hat mich Gott sei Dank engagiert. Das macht wahnsinnig viel Spaß. Man ist immer noch beim großen Fußball dabei und trifft viele ehemalige Fußballkollegen.

Du hast deine gesamte Profikarriere beim 1. FC Kaiserslautern verbracht. Hat dich nicht irgendwann mal ein Wechsel gereizt?
Erich Ribbeck, früher mein Trainer beim FCK wollte mich Anfang der 80er-Jahre nach Leverkusen holen. Ich habe abgesagt und fragte mich später was wäre geworden, wenn ich den Schritt gemacht hätte. So kann ich behaupten in der Bundesliga nur für den 1. FCK gespielt zu haben. Davon gibt es nicht viele, die ihrem Verein treu geblieben sind.

Du warst in der Startelf im größten internationalen FCK-Spiel aller Zeiten gegen Real Madrid 1982, als ihr die Königlichen mit 5:0 nach Hause geschickt habt. Im Hinspiel setzte es eine 1:3-Niederlage und keiner hat mehr an ein Weiterkommen geglaubt. Erzähle uns etwas über diese Spiele. Hat die Mannschaft vor dem Rückspiel selbst noch an das Weiterkommen geglaubt?
Nach unserem Spiel in Madrid hat keiner von uns an ein Weiterkommen geglaubt - einzige Ausnahme unser Trainer Feldkamp. In Madrid war es ganz schlimm. Es war zwar ein unvergessenes Erlebnis aber die Madrilenen spielten mit uns "such den Ball". Wir waren fast immer zweiter Sieger und dann sagt unser Trainer vor dem Rückspiel, dass wir eine Chance haben. Wir Spieler schauten uns an und bevor wir anfingen zu lachen schauten wir in Richtung Boden. Als wir vom Hotel in Richtung Stadion fuhren war der Straßenrand mit Menschen belagert. Kalli sagte: „So Jungs, jetzt wisst ihr was Sache ist heute.“ Das Ergebnis ist jedem bekannt. Kalli und die Zuschauer peitschten uns zu einer wahnsinnigen Leistung.

Stehst du noch mit ehemaligen Mannschaftskameraden in Kontakt oder haben sich gar Freundschaften entwickelt, die du heute noch pflegst?
Leider sind schon einige meiner Kollegen verstorben. Zu den anderen Kollegen hat man wenig Kontakt, aber wenn man sich sieht ist alles sehr herzlich. So besuchte ich im Hotel immer Friedhelm Funkel, wenn er mit seinen Mannschaften hier in Lautern spielte.

Du warst Trainer von Miroslav Klose bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern. Es heißt, du hättest Otto Rehhagel überreden müssen Miro eine Chance im Profiteam zu geben. War das tatsächlich so?
Ja, ich habe Miro damals als Amateurtrainer des 1. FCK nach Kaiserslautern geholt. Man braucht nur sein Buch zu lesen. Da schreibt er sehr viel von mir und darauf bin ich auch stolz. Ich habe ihn letztes Jahr besucht und er ist immer noch der Miro, wie ich ihn kenne und schätze. Die Geschichte mit Otto hat mich damals sehr geärgert. Er stellte sich nachher hin, als hätte er alles richtig gemacht. Er ließ mich anrufen und ich musste bei ihm vorstellig werden. Er war Cheftrainer und ich Trainer der Amateure. Wir gewannen damals 7:0 in Mettlach und ich sagte in der Pressekonferenz, dass dieser Spieler mit der Nr. 11 der nächste Bundesligaspieler des FCK wird. Otto sagte mir, dass ich zwar ein guter Trainer bin aber ER entscheide wer Bundesliga spielt und nicht der Trainer der Amateure. Drei Wochen später erklärte er, dass er da einen Jungen entwickelt hat. Das war echt der Wahnsinn.

Im Juni 2000 saß Klose bei mir auf dem Balkon und wir haben England gegen Deutschland zusammen geschaut. Obwohl er damals erst ein paar Bundesligaspiele bestritten hat, sagte er zu mir, dass er irgendwann auch für die Nationalelf auflaufen würde. Ich habe nur müde gelächelt. Hast du ihm so eine Karriere auch nur annähernd zugetraut?
Miro ist außergewöhnlich. Ja, ich habe ihm das zugetraut. Mit der Einstellung und dem Ehrgeiz konnte er Berge versetzen.

Verfolgst du den FCK noch?
Ich bin eigentlich bei jedem Heimspiel auf dem Betzenberg. Leider fast der einzige ehemalige Spieler. Ich tue es mir an und frage mich immer wieder, ob das der FCK ist mit dem ich so tolle Zeiten erlebt habe.

Hast du eine Erklärung für den schrittweisen Niedergang des FCK?
Erklärungen habe ich einige, aber ich möchte in der schlechten Zeit nicht noch Öl ins Feuer gießen. Es sind die falschen Entscheidungen getroffen worden. Falsche Leute im Aufsichtsrat, falsche Leute in der Vorstandschaft und falsche Leute in der sportlichen Verantwortung, sei es als Manager oder Trainer. Dies sollte reichen.

Du musstest bereits im besten Fußballeralter mit 29 Jahren die Schuhe aus gesundheitlichen Gründen an den Nagel hängen. Wie sehr trauerst du dem frühen Karriereende hinterher mit dem Wissen, dass du nur zwei, bzw. drei Jahre später mit dem FCK den DFB-Pokal und die Deutsche Meisterschaft gewonnen hättest, wenn du gesund geblieben wärst?
Es war leider gesundheitlich nicht mehr machbar weiter zu spielen. Ich hatte meine Zeit, die echt toll war. Aber meine beste Zeit hatte ich vielleicht noch vor mir. Ich denke in der Zeit zwischen 29 bis 33 Jahren kann man noch gut mithalten und seine Erfahrung weitergeben. Es war mir leider nicht gegönnt.

Gab es Mitspieler, die dich besonders beeindruckt haben? 
Ich durfte damals mit vielen guten Spielern für den FCK spielen. Deshalb hatten wir ja auch eine sehr gute Mannschaft. Hans-Peter Briegel war der Spieler, der mich am meisten beeindruckt hat. Der Wahnsinn. Ich weiß noch als er bei unseren Amateuren begonnen hat und was er dann für eine Karriere gemacht hat. Aber auch Spieler wie Hellström, Brehme, Funkel usw. waren nicht nur verdammt gute Kumpels, sie waren sportlich schon eine Klasse für sich.

Wer war dein unbequemster Gegenspieler?
Es gab schon einige verdammt gute Gegenspieler damals. Angefangen von Rummenigge, Völler, Hoeneß, Hrubesch und viele mehr. Aber der unbequemste Gegenspieler war damals Klaus Fischer. Gegen ihn spielte ich sehr ungern. Er war schnell und hatte beim Kopfball ein wahnsinniges Timing.

Hattest du ein Vorbild als Spieler?
Vorbild nicht unbedingt, aber ich war immer ein Fan von Rainer Bonhof und hatte ihn auch als Starschnitt aus dem Kicker in Lebensgröße zu Hause hängen.

Du hast mit Spielern wie Hellström, Briegel, Wuttke und Bongartz zusammengespielt. Gibt es Geschichten, an die du dich noch gerne zurückerinnerst?
Damals haben wir guten Fußball gespielt, den FCK gut vertreten. Wir waren aber auch Menschen, die gelebt haben und wussten wo ihre Grenzen sind. Ich könnte Geschichten erzählen, die würden ein Buch füllen. Aber das würde den Rahmen sprengen.

Früher hatte man das Gefühl, dass Fußball noch ein Mannschaftssport ist. Gab es in der damaligen Zeit im Gegensatz zu heute einfach einen besseren Zusammenhalt, eine bessere Kameradschaft in einer Mannschaft? Woran liegt das deiner Meinung nach?
Zu den heutigen Jungs kann und will ich mich nicht äußern. Wir hatten damals eine sehr gute Kameradschaft und wenn sich einer nicht einbringen wollte, hatte er ein massives Problem, das wir immer auf dem Trainingsplatz geregelt haben. Spätestens da wusste jeder was angesagt ist. Ob das heute noch so ist weiß ich nicht. Wenn ich aber bei Heimspielen die Spieler sehe, die nicht im Kader sind platzt mir ab und zu der Kragen. Handy in der Hand, wenig Interesse was die Kameraden da unten machen. Ein No-Go für mich, aber scheinbar normal in der heutigen Zeit. Die Haare schön und top gekleidet, der Rest ist scheinbar egal.

Wer war dein trinkfestester Weggefährte in deiner Karriere?
Davon hatte ich einige. Aber im Ernst, feiern konnten wir alle. Ich habe noch keine Rangliste erstellt, aber z.B. ein Hans-Peter Briegel oder Andy Brehme waren mit vielen anderen in der Spitzengruppe. Ich erinnere mich, wenn wir zwei Stunden vor einem Sonntagtraining nach Hause kamen, natürlich nach einem Sieg. Keiner hat gejammert, wir haben das Training durchgezogen. Anschließend Sauna, der Alkohol musste ja raus und Pflege. Ob das heute noch so ist weiß ich nicht zu beurteilen.

Glaubst du, dass du in deiner Karriere alles richtig gemacht hast oder gab es Dinge, die du heute anders machen würdest?
Mit der Erfahrung von heute hätte ich natürlich einiges evtl. anders gemacht, aber ich bin sehr zufrieden mit meiner Karriere und was anschließend kam. Das merke ich immer, wenn ich auf den Betzenberg komme. Man wird erkannt und die Leute sind nett. Und ich bin immer der geblieben, der ich war.

Wie denkt man als Profifußballer über die Fans? Interessiert man sich überhaupt für sie? Nimmt man die Stimmung richtig wahr?
Die Fanunterstützung nimmt man als Spieler natürlich wahr. Die Anfeuerungen und Gesänge haben uns gepusht. Bei "Zieht den Bayern die Lederhosen aus" musste man aufpassen, dass man nicht mitgesungen hat. Auch Pfiffe der Gästefans haben einen heiß gemacht. Was heute zeitweise in den Stadien abgeht ist ja von einigen Teilen keine Fanunterstützung, das ist Bullshit. Mir tun die richtigen Fans oft leid. Das sind diejenigen, die sich mit ihrem Verein freuen und leiden.

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